Seit einiger Zeit wird bei der Trennung von Kindeseltern das Wechselmodell immer populärer. In früheren Zeiten war es üblich, dass ein Kind nach der Trennung bei einem Elternteil bleibt, während der andere Elternteil in regelmäßigen Abständen, oft an jedem zweiten Wochenende das Kind zu Besuch hat (sogenanntes Residenzmodell). Meist blieben Kinder nach der Trennung bei der Kindesmutter. Insbesondere Kindesväter, die sich zunehmend um die Erziehung und Betreuung ihrer Kinder kümmern, sahen sich benachteiligt. Ebenso stellen viele Kinderpsychologen, Jugendämter und neuerdings auch viele Gerichte die Vorteile dieses Modells heraus. Der bisher allein betreuende Elternteil wird entlastet, der bisher nicht betreuende Elternteil fühlt sich gleichberechtigt und auch die Kinder profitieren von den beiden Persönlichkeiten und zum Teil unterschiedlichen Freiheiten und Erziehungszielen der beiden Elternteile.
Residenzmodell oder Wechselmodell oder Nestmodell
Nicht jeder Einzelfall eignet sich jedoch für ein solches Wechselmodell. Zum einen müssen beide Elternteile wegen der vermehrten zeitlichen Beanspruchung neben einer täglichen Arbeit überhaupt ein solches Wechselmodell wollen. Zum anderen müssen sich beide Elternteile zumindest hinsichtlich der wesentlichen Fragen der Kindererziehung und der Ausübung der elterlichen Sorge einig sein, was eine entsprechende Kommunikationsfähigkeit und den Willen voraussetzt, offene Fragen fair und einvernehmlich zu lösen. Mit anderen Worten eignet sich das Wechselmodell nicht bei zerstrittenen Eltern, die sowohl auf der Paarebene als auch hinsichtlich der Frage der Kindererziehung nur streiten und zu keinem Kompromiss bereit sind. Dort ist nach wie vor das Residenzmodell mit klarer Aufgabenverteilung und gegebenenfalls einseitiger Zuweisung des Sorgerechts die bessere Lösung. Selbst ein Gericht kann nur in besonderen Ausnahmefällen gegen den Willen eines Elternteils das Wechselmodell anordnen.
Stimmt aber der Gesprächsfaden zwischen den Eltern und fühlen sich die Kinder auch mit einem solchen ständigen Wechsel zwischen dem Haushalt der Kindesmutter und dem Haushalt des Kindesvaters wohl, spricht zunächst nichts dagegen. Oft wird die Lösung vereinbart, dass die Kinder wochenweise zwischen den beiden Elternteilen, meist jeweils im Wechsel am Wochenende, hin- und her pendeln. Optimal ist es, wenn beide Elternteile ihre Wohnung nah beieinanderhaben, sodass die Kinder das gewohnte Umfeld in der Freizeit für Sport, Freunde etc. erhalten können und der Schulweg möglichst kurz bleibt.
Eine Besonderheit innerhalb des Wechselmodells ist das sogenannte Nestmodell. Hier mieten die Kindeseltern neben der bisherigen elterlichen Wohnung eine weitere Wohnung an und wechseln jeweils zwischen der elterlichen Wohnung und der neu angemieteten Wohnung, während die Kinder im gewohnten Umfeld der elterlichen Wohnung verbleiben. So ist in jedem Falle garantiert, dass die Kinder das gewohnte Umfeld und Freunde behalten, während die Kindeseltern möglicherweise Belastungen und längeren Fahrtwegen ausgesetzt sind.
Das Wechselmodell und der Kindesunterhalt
Wenn die Kindeseltern ein solches Wechselmodell bei minderjährigen Kindern praktizieren, gibt es entgegen der Lösung beim Residenzmodell keine alleinige Barunterhaltspflicht des nicht betreuenden Elternteils gegenüber dem betreuenden Elternteil, weil beide Elternteile ja in gleicher Weise sich um die persönliche Betreuung und Erziehung der Kinder kümmern. Entgegen einer vielfach verbreiteten Meinung heißt dies aber nicht, dass keine gegenseitigen Unterhaltspflichten mehr bestehen. Wenn ein Elternteil mehr als der andere Elternteil verdient, wird die Barunterhaltspflicht prozentual nach einem von der Rechtsprechung entwickelten, etwas komplizierten Modell verteilt. Hierbei wird das staatliche Kindergeld mit einbezogen, ein erhöhter Monatsbetrag berücksichtigt, der jedem Elternteil für seinen eigenen Unterhalt belassen wird und auf die Tragung sonstiger Lasten für die Kinder Rücksicht genommen (z.B. zusätzliche Kosten für Sportverein, Musikschule o. ä.). Mustergültig ist die Lösung, dass Eltern für die Kinder ein gemeinsames Konto errichten, auf das das staatliche Kindergeld sowie ein von jedem Elternteil zu zahlender Betrag monatlich fließt. Beide Elternteile haben dann Zugriff auf dieses Konto und können alle anfallenden Kosten für das Kind hiervon abstimmen und bestreiten.
Aber auch wenn die Kindeseltern sich über die finanzielle Verteilung nicht einig sind, sonst aber gut harmonieren, muss das Wechselmodell nicht scheitern und kann hierüber ein Gericht entscheiden. Bis vor kurzem war streitig, ob der Elternteil, der sich unterlegen fühlt und vom anderen Elternteil einen finanziellen Ausgleich wünscht, vor Gericht diesen Antrag selbst stellen kann oder ob hierfür vom Gericht eine dritte Person ernannt wird. Mittlerweile haben die Gerichte entschieden, dass ein Elternteil hierbei die Wahl hat und entweder selbst hierfür vom Gericht ermächtigt werden kann oder es bevorzugt, vom Gericht eine Person ernennen zu lassen, die dies bei Gericht geltend macht.