Kündigung im Krankenschein: Geht das?

Häu­fig wer­de ich mit die­ser Fra­ge kon­fron­tiert. Es ist ers­taun­li­cher­wei­se ein häu­fig vor­kom­men­der Rechts­irr­tum, dass ei­nem Ar­beit­neh­mer wäh­rend der Dau­er ei­ner Er­kran­kung nicht ge­kün­digt wer­den darf.

Die Fra­ge muss wohl an­ders ge­stellt wer­den. Gemeint ist wohl, ob man wegen einer Krankheit wirksam kündigen kann.

Dies ist grund­sätz­lich mög­lich und wur­de vom Bun­des­arbeitsgericht be­reits mehr­fach zu Guns­ten der Ar­beit­ge­ber ent­schie­den.

Grob kann man da­bei zwei Fäl­le un­ter­schei­den.

Ein­mal ei­ne Kün­di­gung we­gen häu­fi­ger Kur­zerkrankungen und ei­ne Kün­di­gung we­gen lang an­dau­ern­der Er­kran­kung.

Wenn ein Ar­beit­neh­mer von ei­ner sol­cher Kün­di­gung be­trof­fen wird, so stellt sich für ihn die Fra­ge, ob er das Ar­beits­ge­richt anruft und Kün­di­gungs­schutz­kla­ge er­he­bt

Dies hat in der Re­gel nur dann Sinn, wenn das Kün­di­gungs­schutz­ge­setz an­wend­bar ist, da der Arbeitgeber ansonsten ohne Grund kündigen kann..

Das Kün­di­gungs­schutz­ge­setz ist dann an­wend­bar, wenn das Ar­beits­ver­hält­nis min­des­tens sechs Mo­na­te ge­dau­ert hat und in dem Be­trieb re­gel­mä­ßig mehr als 10 Ar­beitnehmer be­schäf­tigt sind.

Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, sollte ein Arbeitnehmer, der eine krankheitsbedingte Kündigung erhalten hat, im Zweifel Klage erheben.

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat dem Ar­beit­ge­ber, der krank­heits­be­dingt kün­di­gen will, nämlich ei­ni­ge Hür­den auf­ge­stellt.

So muss die Krank­heit so gra­vie­rend sein, dass sie zu ei­ner er­heb­li­chen Be­ein­träch­ti­gung be­trieb­li­cher oder wirt­schaft­li­cher In­te­res­sen führt. Die­se Be­ein­träch­ti­gung muss zu­dem auch zu­künf­tig zu be­fürch­ten sein (ne­ga­ti­ve Zu­kunfts­prog­no­se).

Er­heb­li­che be­trieb­li­che und wirt­schaft­li­che Be­ein­träch­ti­gun­gen sind dann an­zu­neh­men, wenn sie zu kon­kre­ten Be­trieb­sa­blaufs­tö­run­gen oder zu er­heb­li­chen wirt­schaft­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen wie bei­spiels­wei­se zu Lohn­fort­zah­lungs­kos­ten füh­ren.

Dies mag für den Ar­beit­ge­ber im Ein­zel­nen noch oh­ne wei­te­res dar­zu­le­gen sein. Prob­le­ma­tisch wird es für den Ar­beit­ge­ber jedoch, wenn er die ne­ga­ti­ve Ge­sund­heits­prog­no­se be­grün­den muss. Er ist da­bei auf In­di­zi­en an­ge­wie­sen. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt ver­tritt dazu die Auf­fas­sung, dass der Ar­beit­neh­mer nicht ver­pflich­tet ist, dem Ar­beit­ge­ber über sei­nen Ge­sund­heits­zu­stand Aus­kunft zu er­tei­len und ggf. be­han­deln­de Ärz­te von der Schwei­ge­pflicht zu ent­bin­den.

Stützt der Ar­beit­ge­ber die krank­heits­be­ding­te Kün­di­gun­g auf ei­ne ne­ga­ti­ve Ge­sund­heits­prog­no­se, hat der Ar­beit­neh­mer deshalb die Mög­lich­keit, die­se im Pro­zess zu wi­der­le­gen und ggf. zu be­wei­sen, dass mit sei­ner bal­di­gen Ge­sun­dung zu rech­nen ist.

Auf­grund die­ser be­son­de­ren Si­tua­ti­on be­züg­lich der vom Ar­beitg­eber dar­zu­le­gen­den ne­ga­ti­ven Ge­sund­heits­prog­no­se be­steht für den Ar­beit­ge­ber im­mer das Ri­si­ko, dass der Ar­beit­neh­mer die­se im Pro­zess wider­le­gen wird.

Da­zu kommt, dass auch dann, wenn das Ge­richt die ne­ga­ti­ve Ge­sund­heits­prog­no­se be­jaht, zur Wirk­sam­keit der krank­heits­be­ding­ten Kün­di­gung ei­ne um­fas­sen­de In­te­res­sen­ab­wä­gung durch­zu­füh­ren ist.

Im Rah­men die­ser Prü­fung klärt das Ge­richt, ob die fest­ge­stell­ten Be­ein­träch­ti­gun­gen vom Ar­beit­ge­ber in Kauf ge­nom­men wer­den müs­sen oder ob sie ein sol­ches Aus­maß er­reicht ha­ben, dass sie nicht mehr zu­mut­bar sind.

In die­sem Punkt der Prü­fung spie­len das Al­ter, der Fa­mi­li­en­stand des Ar­beit­neh­mers, ei­ne et­wai­ge Schwer­be­hin­de­rung oder die Dau­er sei­ner Be­triebs­zu­ge­hö­rig­keit ei­ne Rol­le. Auf Sei­ten des Ar­beit­ge­bers fällt in der Re­gel der Um­fang und die Häu­fig­keit der durch die Krank­heit ver­ur­sach­ten Be­triebsablaufs­tö­rung ist Ge­wicht.

Auch da­ran kann die Wirk­sam­keit ei­ner krank­heits­be­ding­ten Kün­di­gung noch schei­tern.

Dies zeigt, dass dem Ar­beit­ge­ber eine Kün­di­gung aus Krank­heits­grün­den zu Recht schwer ge­macht wird. Des­halb soll­te man die Kün­di­gung im Zwei­fel vor dem Ar­beits­ge­richt auf so­zia­le Recht­fer­ti­gung über­prüfen las­sen.

Da­bei muss der Ar­beit­neh­mer da­rauf ach­ten, dass er die da­zu not­wen­di­ge Kün­di­gungs­schutz­kla­ge in­ner­halb von drei Wo­chen nach Zu­gang der Kün­di­gung er­hebt. Nach Ab­lauf der drei Wo­chen ist die Kün­di­gung be­stands­kräf­tig und ist nur noch im Aus­nah­me­fall an­zu­fech­ten.

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Den Nachweis einer Erkrankung wird der Arbeitnehmer regelmäßig durch Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erbringen.

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