Berufskrankheiten: Die posttraumatische Belastungsstörung

Sozialrecht

Eine Vielzahl an Menschen leidet an gesundheitlichen Beeinträchtigungen, welche oftmals mit ihrer beruflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen. Doch nicht immer handelt es sich bei den vorliegenden Krankheiten auch um eine Berufskrankheit. Dieser Artikel soll einen Überblick über die wichtigsten Punkte von Berufskrankheiten sowie sogenannten Wie-Berufskrankheiten vermitteln.

Berufskrankheiten sind Krankheiten, die in der sogenannten Berufskrankheiten-Liste (im Folgenden: BK-Liste), der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV), aufgeführt sind. Liegt eine Berufskrankheit vor, haben Versicherte nach Maßgabe der §§ 26 ff. SGB VII und unter Beachtung des SGB IX Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen Teilhabe, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen. 

Ob eine Berufskrankheit vorliegt, richtet sich nach dem Vorliegen von bestimmten gesundheitlichen und beruflichen Voraussetzungen, welche in der BK-Liste aufgenommen worden sind.

Berufskrankheiten nach der BK-Liste:

In der BK-Liste werden Krankheiten gelistet, die nach den medizinischen Erkenntnissen durch besondere Einwirkungen verursacht sind und denen bestimmte Personengruppen durch ihre berufliche Tätigkeit in deutlich höherem Maße ausgesetzt sind als die durchschnittliche Bevölkerung. Rechtsgrundlage bilden § 9 Abs. 1 sowie Abs. 2 SGB VII. Sofern also die gesundheitlichen Voraussetzungen von einem Arzt festgestellt worden sind, stellt sich die Frage, ob auch in beruflicher Hinsicht eine Tätigkeit ausgeübt wird, welche typischerweise einen Zusammenhang mit der Erkrankung bilden kann. Typische Berufskrankheiten sind beispielsweise

  • Allergien und Reaktionen der Haut oder der Atemwege durch Stoffe
  • Lungenkrankheiten durch Asbest
  • Schwerhörigkeit aufgrund von Lärm am Arbeitsplatz
  • Silikose durch Quarzstaub

Wie-Berufskrankheit:

Ist eine Krankheit nicht in der BK-Liste gelistet, kann in Einzelfällen eine Erkrankung jedoch „wie eine Berufskrankheit“ anerkannt werden. Voraussetzung ist, dass neue medizinische Erkenntnisse vorliegen, die belegen, dass für eine bestimmte Personengruppe arbeitsbedingt ein deutlich erhöhtes Risiko, an einer bestimmten Gesundheitsstörung zu erkranken, besteht. Dabei reicht ein bloßer Zusammenhang einer Erkrankung mit einer beruflichen Tätigkeit allein nicht aus. Daher können auch die inzwischen weit verbreiteten „Volkskrankheiten“ im Bereich der Wirbelsäule oder auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen nur unter weiteren Voraussetzungen Berufskrankheiten darstellen.

Die gesetzliche Regelung zu den Wie-Berufskrankheiten soll den Nachteilen des sonst geltenden sogenannten Listenprinzips entgegenwirken. Durch diese sollen auch solche Krankheiten „wie eine Berufskrankheit“ entschädigt werden, die nur deshalb nicht in die BK-Liste aufgenommen worden sind, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen während ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Liste noch nicht vorhanden waren oder trotz Nachprüfung noch nicht ausreichten.

Posttraumatische Belastungsstörung als „Wie-Berufskrankheit“:

Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom22.06.2023, Az. B 2 U 11/20 R nun entschieden, dass auch eine posttraumatische Belastungsstörung unter weiteren Voraussetzungen als „Wie-Berufskrankheit“ anerkannt werden kann.

Im zugrundeliegenden Fallerlebte ein Rettungssanitäter in Ausübung seines Berufs viele traumatisierende Ereignisse, wie etwa einen Amoklauf und Suizide. Daraufhin wurde bei ihm 2016 eine Posttraumatische Belastungsstörung festgestellt. Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte es ab, diese Erkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen, weil die Posttraumatische Belastungsstörung nicht zu den in der BK-Liste aufgezählten Berufskrankheiten gehöre. Die Posttraumatische Belastungsstörung sei auch nicht als „Wie-Berufskrankheit“ anzuerkennen. Vorinstanzlich wurde das Vorliegen einer „Wie-Berufskrankheit“ ebenfalls abgelehnt.

Das Bundessozialgericht urteilte, dass Rettungssanitäter während ihrer Arbeitszeit einem erhöhten Risiko der Konfrontation mit traumatisierenden Ereignissen ausgesetzt seien. Generell sei die Posttraumatische Belastungsstörung eine Erkrankung, die wegen der besonderen Einwirkungen, denen Rettungssanitäter gegenüber der übrigen Bevölkerung ausgesetzt seien, als Berufskrankheit bei dieser Personengruppe anzuerkennen sei.

Der Fall geht nun aber zurück an das Landessozialgericht. Denn, ob bei dem Sanitäter tatsächlich eine Posttraumatische Belastungsstörung vorliegt, die auch auf seine Tätigkeit als Rettungssanitäter zurückzuführen ist, muss nunmehr die Vorinstanz endgültig klären.

Verdacht auf Vorliegen einer (Wie-)Berufskrankheit:

Bei Verdacht auf das Vorliegen einer (Wie-)Berufskrankheit sind Ärzte und Arbeitgeber verpflichtet, diesen an den Unfallversicherungsträger zu melden. Betroffene können ihre Erkrankung zudem selbst bei der zuständigen Berufsgenossenschaft oder dem Unfallversicherungsträger melden. Krankenversicherungsträger sind ebenfalls gehalten, etwaige Hinweise an den Unfallversicherungsträger weiterzuleiten.

Verfahren:

In einem nächsten Schritt werden daher die gesundheitlichen und beruflichen Voraussetzungen durch umfassende Einholung von ärztlichen Befunden und gegebenenfalls einem Sachverständigen-Gutachten sowie einer sogenannten arbeitstechnischen Exposition, die Ermittlung der beruflichen Umstände, aufgeklärt.

Fazit:

Sobald Betroffene gesundheitliche Einschränkungen aufweisen und zudem auch die beruflichen Umstände zumindest auf einen Zusammenhang schließen lassen, empfiehlt sich für Betroffene daher der Gang zum Arzt.

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