OVG Saarland verpflichtet Landkreis zur Bereitstellung von wohnortnahen Betreuungsplätzen

Schulrecht

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat in einem aktuellen Beschluss vom 22.03.2023 zu Aktenzeichen 2 B 10/23 einen Landkreis im Saarland dazu verpflichtet, wohnortnahe Betreuungsplätze in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege zur Verfügung zu stellen. Der Landkreis hatte zuvor den Antrag auf Bereitstellung eines Betreuungsplatzes von Eltern zweier Kinder abgelehnt, obwohl diese den Bedarf nachgewiesen hatten.

Hintergrund des Beschlusses

Die Eltern der Kinder hatten sich im April 2022 an den Landkreis gewandt, um ab Oktober 2022 einen Kita-Platz für ihre Kinder zu beantragen. Nachdem sie Absagen von mehreren Tageseinrichtungen erhalten hatten, wandten sie sich an den Landkreis mit der Bitte um Bereitstellung eines wohnortnahen Betreuungsplatzes. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt.

Die Eltern beantragten daraufhin vor dem Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz und legten eine Arbeitsbescheinigung sowie eine Bescheinigung des Kreiskrankenhauses vor, aus der hervorgeht, dass die Mutter der Kinder nach der Elternzeit ihre Stelle wieder aufnehmen werde. Der Landkreis lehnte den Antrag erneut ab und begründete dies damit, dass ein Betreuungsplatz von täglich neun Stunden über einen Regelbetreuungsplatz hinausgehe.

Entscheidung des OVG Saarlandes

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes verpflichtete den Landkreis im Wege der einstweiligen Anordnung dazu, den Eltern jeweils ab sofort einen wohnortnahen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege nachzuweisen, der von Montag bis Freitag in der Zeit zwischen 7:00 Uhr und 15:30 Uhr eine Betreuung gewährleistet.

Das Gericht stellte fest, dass der Landkreis verpflichtet sei, gemäß § 24 SGB VIII einen Betreuungsplatz wohnortnah zur Verfügung zu stellen. Die Eltern hatten den Bedarf nachgewiesen und die Arbeitszeiten der Eltern sowie das darüberhinausgehende Betreuungssystem dargelegt. Das Gericht wies die Argumentation des Landkreises zurück, dass ein Betreuungsplatz von täglich neun Stunden über einen Regelbetreuungsplatz hinausgehe und nicht glaubhaft gemacht worden sei.

Das Gerichtsverfahren der Antragsteller endete in einem Teilerfolg: Der Antragsgegner, also die zuständige Behörde, wurde im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern jeweils ab sofort einen wohnortnahen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege nachzuweisen, der von Montag bis Freitag in der Zeit zwischen 7:00 Uhr und 15:30 Uhr eine Betreuung der Antragsteller gewährleistet.

Allerdings wurde der Antrag insofern zurückgewiesen, als dass den Antragstellern kein Betreuungsplatz von täglich neun Stunden in einer Kindertageseinrichtung zugesprochen wurde. Eine Betreuungszeit ab 6:30 Uhr sei nicht möglich, da Kindertageseinrichtungen üblicherweise erst ab 7:00 Uhr Betreuungen anböten. Die erstinstanzliche Entscheidung wurde abgeändert, da das Verwaltungsgericht zu Unrecht angenommen hat, dass kein Dringlichkeitsinteresse der Antragsteller oder ihrer Eltern für die Betreuungsleistung glaubhaft gemacht wurde. Der Anspruch auf frühkindliche Förderung gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII besteht unabhängig von der Angewiesenheit der Eltern auf einen Betreuungsplatz. Die öffentliche Jugendhilfe ist verpflichtet, ein ausreichendes Angebot an Betreuungsmöglichkeiten sicherzustellen. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Bestimmungen bestand ein Anordnungsgrund für die einstweilige Anordnung, da den Antragstellern derzeit kein Betreuungsplatz zur Verfügung stand und ein Abwarten auf die Hauptsacheentscheidung unzumutbar wäre.

Des Weiteren besteht der Anspruch auf Betreuungsleistung nur im Tenor beschriebenen zeitlichen Umfang. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf des Kindes und der Eltern. Die Eltern können den Umfang der Betreuung frei wählen, solange dies dem Kindeswohl nicht entgegensteht. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass alle Eltern ein Förderangebot erhalten sollen, das ihren individuellen Betreuungswünschen entspricht. Die Einschränkung des zeitlichen Umfangs durch den Nachweis von Arbeitszeiten der Eltern findet keine Stütze im Gesetz, und es gibt keine Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung. Die Eltern können nicht auf die Inanspruchnahme einer Tagesmutter oder eines Tagesvaters verwiesen werden, wenn Plätze in Tageseinrichtungen oder Kindertagespflege nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen.

Diese Auslegung des § 24 Abs. 2 SGB VIII bestätigt den Anspruch der Antragsteller auf einen Betreuungsplatz, der ihren individuellen Bedürfnissen entspricht, unabhängig von ihrer Arbeitszeit oder anderen persönlichen Umständen.

Ergebnis

Insgesamt stellt der Beschluss eine wichtige Entscheidung für betroffene Eltern dar, die einen Anspruch auf einen wohnortnahen Betreuungsplatz für ihre Kinder geltend machen möchten. Auch wenn nicht alle Forderungen der Antragsteller erfüllt wurden, so stellt die Entscheidung des Gerichts dennoch einen Schritt in die richtige Richtung dar und stärkt die Rechte der Kinder und Eltern auf einen Betreuungsplatz.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Suche nach einem Kitaplatz oft schwierig und zeitaufwendig ist.

Eltern, die einen Kitaplatz benötigen, sollten frühzeitig den Bedarf anmelden und einen Antrag auf Zuweisung eines Platzes bei der zuständigen Behörde stellen. Im Saarland sind die zuständigen Behörden z.B. der Regionalverband Saarbrücken, die Landkreise und, die kreisfreien Städte, die ein Jugendamt errichtet haben. Frühzeitig angemeldeter Bedarf verpflichtet den Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu entsprechender Planung und führt dazu, dass regelmäßig ein Anspruch auf (allgemeine) Kapazitätserweiterung besteht. Sollten Sie unsicher sein, wie ein solcher Antrag zu stellen ist, unterstützen wir Sie gerne. Wir unterstützen sie ebenfalls im Widerspruchsverfahren oder einem Verfahren vor den Verwaltungsgerichten.

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